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    Wie dämmt man in anderen Ländern Häuser?

    Gras, Erde oder Vakuumpanele – sie alle können die Temperaturen im Inneren von Häusern regulieren. Lesen Sie, welche Materialien und Techniken weltweit zum Dämmen genutzt werden.

    © TTstudio/Shutterstock

    Wärme im Winter, Kühlung im Sommer: Um Häuser effektiv zu dämmen, werden in Deutschland meist Mineralwolle, Holzfasern und Zellulose genutzt. In anderen Ländern aber kommen völlig andere Materialien zum Einsatz. Teils schon seit Jahrhunderten, teils als Erkenntnis aus neuester Forschung. Ein Blick auf verschiedene spannende Dämm-Methoden in Europa und Asien.

    Schwedenhäuser: Dämmung mit Charme

    Schwedenhäuser

    Schweden ist bekannt für seine charmanten Holzhäuser in Rot oder Pastellfarben. Sie gut zu dämmen, um im langen, kalten Winter nicht unnötig Wärme zu verlieren, war schon immer von zentraler Bedeutung für die Skandinavier.

    Dazu ist der Baustoff bestens geeignet, aus dem die Fassaden bestehen: Holz. Denn Holz dämmt ganz natürlich, ohne Kältebrücken. In einem Holzhaus liegt die Temperatur durchschnittlich um vier Grad höher als in einem gemauerten Haus bei derselben Heizleistung. Das heißt: Kommt das gemauerte Haus auf 18 Grad, erzielt das Holzhaus mit gleich viel Heizenergie ganze 22 Grad.

    Zusätzlich bieten Schwedenhäuser dank der Holzkonstruktionen mehr Wohnraum und Fensterfläche. Denn gemauerte Häuser benötigen etwa 50 Zentimeter dicke Außenwände, weil sich die Dämmstoffe außerhalb der tragenden Wände befinden – während Holzrahmen bereits mit nur 35 Zentimeter Breite die gleichen Anforderungen an den Wärmeschutz erfüllen.

    Grassodenhäuser: Begrünte Häuser in Island und Norwegen

    In Island und nördlichen Teilen Norwegens ist es ganzjährig relativ kalt. Und anders als in Schweden gibt es in diesen Regionen sehr wenig Wald, also kaum Holz als Baustoff. Typischerweise wurden deswegen gemauerte Häuser in die Landschaft „eingelassen“. Im Mittelalter entstanden so beispielsweise Grubenhäuser – Häuser, die praktisch nur aus Keller bestehen.

    Ein anderer Haustyp ist bis heute noch in ländlichen Gegenden Islands und Norwegens weit verbreitet: das sogenannte Grassodenhaus. Grassodenhäuser werden aus Lavagestein und Holzrahmen gebaut und von außen großflächig mit ausgestochenen Torfstücken – sogenannten Torfplaggen – bedeckt. Dabei wird Oberboden aus dem Erdreich gestochen und auf die Dächer und an Außenwänden entlang gepflanzt. Manche Grassodenhäuser sind teilweise in Hügel integriert.

    Die Dächer sind mal flacher, mal stärker geneigt, abhängig vom durchschnittlichen Niederschlag der Region. Denn das Erdreich auf dem Dach soll weder austrocknen noch aufweichen. Diese Bauart sorgt für eine stabile Isolierung, besonders durch die Verwendung von Torf und Grasbewuchs. Obwohl die Häuser meist nicht geheizt wurden (und auch heute noch nicht werden), bleibt es in ihrem Inneren im Sommer und Winter gleich warm.

    Photokatalytische Außenwände: Japans Nachholbedarf

    Tokyo/Japan

    Die meisten herkömmlichen Einfamilienhäuser in Japan bestehen aus dünnen, nicht isolierten Gips- oder Holzspanplatten. Das sorgt für eine schlechte Energiebilanz des gesamten Landes. Das soll sich durch eine ausgeklügelte Bautechnik ändern. Japanische Baufirmen versuchen derzeit, neue photokatalytische Außenbeschichtungen zu entwickeln.

    Diese fortschrittlichen Beschichtungen sind darauf ausgelegt, die Raumtemperatur konstant zu halten – und somit die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern. Photokatalytische Materialien nutzen Lichtenergie, um chemische Reaktionen auszulösen, die unter anderem die Umgebungsluft reinigen und Wärme regulieren können. Die Beschichtungen absorbieren und reflektieren Sonnenlicht, was das Gebäude im Sommer kühl und im Winter warmhalten soll. So soll Heizen oder das dauerhafte Laufenlassen der Klimaanlage im heißen japanischen Sommer deutlich reduziert werden.

    China: Moderne Vakuumisolationspaneele für urbane Zentren

    Skyline von Shanghai/China

    In Chinas Megacitys treffen Baufirmen auf viele Herausforderungen: Der Platz ist mehr als begrenzt, alles soll modern sein, aber nicht zu teuer und irgendwie auch umweltfreundlich. Zunehmend finden dadurch sogenannte Vakuumisolationspaneele Anwendung. Diese bieten eine außergewöhnlich hohe thermische Isolationsleistung bei minimaler Dicke, was sie ideal für den Einsatz in städtischen Umgebungen macht, wo Raum meist sehr knapp ist.

    Vakuumisolationspaneele bestehen aus einem Kernmaterial, das von einer gasdichten Hülle umgeben ist, aus der die Luft entfernt wurde, um ein Vakuum zu erzeugen. Dieses Vakuum reduziert den Wärmetransfer erheblich. Das Ergebnis ist eine bis zu fünfmal bessere Isolationsleistung im Vergleich zu herkömmlichen Dämmstoffen wie Fiberglas oder Schaumstoff.

    Diese Technologie unterstützt Chinas Bestreben, bis 2060 kohlenstoffneutral zu werden, indem sie hilft, den Energiebedarf für Heizung und Kühlung zu reduzieren und so den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern.

    Schweiz: Verkohlte Pflanzen aus dem Amazonasgebiet

    Sie ist schwarz, wahnsinnig fruchtbar und einer der Gründe dafür, dass im Amazonasgebiet so viel wächst: „Terra preta“, portugiesisch für “schwarze Erde” gilt auch als “Wundererde”. Sie besteht aus verkohlten Pflanzenresten, die Nährstoffe abgeben und Schadstoffe praktisch aufsaugen. An der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, kurz Empa, hat ein Team um den Physiker Jannis Wernery daran geforscht, diese „Biokohle“ zu Dämmplatten zu verarbeiten.

    Der Clou an den Kohle-Dämmplatten: Der Aufbau der Pflanzenkohle ähnelt einem Schwamm mit vielen feinen, mikroskopisch kleinen Luftröhrchen, in denen Luft eingeschlossen wird, die Wärme sehr schlecht leitet – und deswegen ideal als Isolationsmaterial genutzt werden kann. Ob und wann derartige Dämmplatten in Umlauf kommen, ist noch unklar, denn die Schweizer Forscherinnen und Forscher wollen obendrein noch ein Verfahren entwickeln, um die Kohle recyclebar zu machen.

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