Ziel des Solarspitzengesetzes
Das Hauptziel des Gesetzes ist die Vermeidung von Netzüberlastungen durch zu hohe Einspeisungen. "Es soll verhindern, dass zu viel Solarstrom auf einmal ins Netz eingespeist wird, was zu Überlastungen führen kann. Gerade an sonnigen Tagen zur Mittagszeit, wenn die Menschen auf Arbeit sind und viele PV-Anlagen gleichzeitig Strom produzieren, kann es zu Netzproblemen kommen", erläutert Andy Satzer, bei EWE für den Vertrieb von Energiedienstleistungen verantwortlich. Daher setzt das Gesetz auf eine Begrenzung der Einspeiseleistung neuer Anlagen sowie auf moderne Steuerungstechnik, um die Einspeisung flexibel anpassen zu können.
Die wichtigsten Änderungen für neue PV-Anlagen
Mit dem Solarspitzengesetz werden neue Anforderungen an PV-Anlagenbetreiber gestellt. Neben der Begrenzung der Einspeisung und der Einführung intelligenter Steuerungssysteme gibt es auch finanzielle Anreize und Regelungen zur Kompensation von Ertragsausfällen. Das Gesetz soll dazu beitragen, dass Solarstrom weiterhin wirtschaftlich attraktiv bleibt, gleichzeitig aber die Netzstabilität gewährleistet wird.
Begrenzung der Einspeiseleistung
Im Rahmen des neuen Solarspitzengesetzes gibt es verschiedene Vorgaben. Anlagenbetreiber, die eine neue Photovoltaikanlage installieren, sind verpflichtet, die Einspeiseleistung auf maximal 60 Prozent zu begrenzen. Diese Einschränkung kann jedoch umgangen werden, indem die PV-Anlage fernsteuerbar gemacht wird.
Die Fernsteuerbarkeit wird durch den Einbau eines intelligenten Messsystems (Smart Meter) in Kombination mit einer Steuerbox ermöglicht. Die Steuerbox fungiert dabei als Schnittstelle zum örtlichen Netzbetreiber. Falls erforderlich, kann der Netzbetreiber Signale an die Steuerbox senden, die wiederum den Wechselrichter der Photovoltaikanlage steuert. Dadurch lässt sich die Einspeiseleistung der Anlage je nach Netzsituation dynamisch anpassen – sie kann reduziert oder wieder erhöht werden.
Diese Steuerungstechnik gilt nicht nur für PV-Anlagen, sondern auch für andere elektrische Verbraucher wie Wallboxen oder Wärmepumpen. Auch sie können über das System ferngesteuert und an den Netzbedarf angepasst werden. So wird sichergestellt, dass das Stromnetz stabil bleibt und eine netzverträgliche Regelung des Energieverbrauchs gewährleistet ist.
Entschädigung für reduzierte Einspeisung
Für den Fall, dass die Einspeisung durch Netzbetreiber reguliert wird, gibt es einen finanziellen Ausgleich: Der Ausgleichsmechanismus sieht vor, dass am Ende eines Jahres überprüft wird, wie häufig es zu negativen Strompreisen an der Börse gekommen ist. Negative Strompreise entstehen, wenn ein Überangebot an Strom im Netz vorhanden ist und die Einspeisung gedrosselt werden muss. In solchen Phasen erhalten Betreiber von PV-Anlagen keine Vergütung für den eingespeisten Strom.
„Allerdings geht die Vergütung nicht vollständig verloren: Die nicht erhaltenen Zahlungen werden erfasst und am Ende der regulären 20-jährigen Einspeisevergütung zusätzlich angerechnet. Das bedeutet, dass Betreiber über die gesamte Laufzeit hinweg nur minimale Einbußen haben, ihre Vergütung jedoch zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird“, fügt Andy Satzer hinzu.
Strategisch den eigenen Stromverbrauch erhöhen
Wichtig zu wissen ist, dass die Versorgungssicherheit im Vordergrund steht. Um den Zugriff der Netzbetreiber zu minimieren, haben Betreiber über die Smart-Meter-Technologie ebenfalls die Möglichkeit Einfluss auf den Strompreis zu nehmen.
In den Momenten, in denen zu viel Strom im Netz vorhanden ist, wird die Einspeisung zwar gestoppt, doch bevor dies geschieht, haben Anlagenbetreiber die Möglichkeit, ihren eigenen Stromverbrauch strategisch zu erhöhen. „So können beispielsweise Elektroautos geladen, Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen oder Geschirrspüler betrieben oder die Wärmepumpe effizienter genutzt werden. Auch Batteriespeicher lassen sich gezielt aufladen, um möglichst viel selbst produzierten Strom direkt zu verbrauchen, anstatt ihn zu niedrigen oder gar negativen Preisen ins Netz einzuspeisen “, beschreibt Andy Satzer einige Beispiele.
Alternativ kann der selbstproduzierte Strom im Speicher zwischengespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt mit positiven Strompreisen eingespeist werden. Das neue Gesetz bietet dazu ebenfalls neue Möglichkeiten: Der Speicher kann aus dem Netz ge- und entladen werden. Durch dieses intelligente Lastmanagement wird die Einspeisung reduziert, während gleichzeitig der Eigenverbrauch optimiert wird – eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung für Betreiber von PV-Anlagen.
Dürfen Netzbetreiber Strom aus Batteriespeichern oder Elektroautos entnehmen?
Ein häufiges Missverständnis ist, dass Netzbetreiber in Zukunft Strom aus privaten Batteriespeichern oder Elektroautos entnehmen könnten. Diese Sorge ist unbegründet: "Nein, das stimmt nicht. Netzbetreiber können die Ladeleistung regulieren, aber keinen Strom entnehmen“, so Andy Satzer. Allerdings gibt es das Konzept des bidirektionalen Ladens: Beim bidirektionalen Laden dient das Elektroauto als mobiler Speicher. Besitzer können dem Netzbetreiber anbieten, einen bestimmten Anteil der Batteriekapazität ins Netz einzuspeisen, wenn der Strombedarf hoch ist. In Zeiten, in denen das Netz zusätzliche Energie benötigt, könnten Fahrzeughalter beispielsweise einen festgelegten Prozentsatz ihrer gespeicherten Energie zur Verfügung stellen. Dies geschieht freiwillig und stellt für den Besitzer eine potenzielle zusätzliche Einnahmequelle dar, die zur Wirtschaftlichkeit des Elektroautos beitragen kann.
Derzeit ist diese Technologie jedoch noch nicht weit verbreitet. Um bidirektionales Laden massentauglich zu machen, sind noch regulatorische Anpassungen erforderlich. Es bleibt ein Zukunftsszenario, das mit entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen und technologischen Entwicklungen in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen könnte.
Wichtig für Anlagenbetreiber: Rechtzeitig informieren und beraten lassen
Das Solarspitzengesetz bringt für neue PV-Anlagenbetreiber einige Veränderungen mit sich. Besonders wichtig ist die Begrenzung der Einspeiseleistung und die Notwendigkeit intelligenter Steuerungssysteme. Gleichzeitig gibt es finanzielle Kompensationen, um mögliche Ertragsverluste auszugleichen. Wer eine neue PV-Anlage plant, sollte sich rechtzeitig über die neuen Regelungen informieren und sicherstellen, dass alle Komponenten den Anforderungen entsprechen.
Um die beste Lösung für die eigene PV-Anlage zu finden, lohnt sich eine professionelle Energieberatung. Die Photovoltaik-Beratung von EWE unterstützt Eigentümer dabei, die richtigen Komponenten auszuwählen, Fördermöglichkeiten optimal zu nutzen und die Anlage technisch auf die neuen Vorgaben abzustimmen.
Mit einer vorausschauenden Planung können Eigentümer weiterhin von den Vorteilen der Solarenergie profitieren – und gleichzeitig zur Stabilität des Stromnetzes beitragen.
Anfang des Jahres wurde zudem die Solardachpflicht in Niedersachsen eingeführt, sodass gleich zwei neue Gesetze für PV-Anlagenbesitzer relevant sind.