Und dann sagt Enno Wieben diesen einen Satz, der ein bisschen klingt wie aus einem Westernfilm, wenn der Ranger über die weite Prärie blickt: „Meine Aufgabe ist es, das hier für die nächste Generation zu erhalten.“ Der Resthof im niedersächsischen Schortens, nur wenige Kilometer vom Nordseestrand entfernt, ist eher niedersächsische Landidylle als Cowboy-Ranch: viel Fläche, Obstbäume, Gemüsegarten. In den Ställen standen früher Kühe und Schweine, heute sind es eine Handvoll Hühner, Kaninchen und Katzen. Enno Wieben hat den Hof in den 90er-Jahren von seinen Eltern übernommen, kurz darauf zog seine Frau Tanja mit ein. „Seitdem haben wir in vielen kleinen Schritten auf eine klimafreundliche Energieversorgung umgestellt. Wir hatten nicht das Geld, alles auf einmal umzubauen“, sagt Enno Wieben.
PV-Anlage, Wärmepumpe, Wallbox: Mit Förderung zur privaten Energiewende
Zuerst wurden die Fenster ausgetauscht, Bad und WC modernisiert und Kalziumsilikatplatten als Dämmung in die Gebäudehülle eingebaut. Später folgte die Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 16,8 Kilowatt-Peak. Bis 2030 bekommt die Familie für die Volleinspeiseanlage noch 39,14 Cent pro Kilowattstunde vergütet, dann läuft die Förderung von 20 Jahren aus. „Danach bauen wir einen Stromspeicher ein, damit wir den Strom auch selbst nutzen können, wenn die Sonne einmal nicht scheint“, sagt der 51-Jährige.
Neben dem knallroten McCormick-Trecker in der Scheune sind hinter einem Holzverschlag die Gasbrennwerttherme mit Brauchwasserspeicher sowie Heizkreisspeicher und die Split-Wärmepumpe als Hybridanlage eingebaut. Die Wärmepumpe kam im Winter 2022/2023 allerdings fast komplett ohne Zuschaltung der Gasbrennwerttherme aus. Noch ist hier nicht alles öko, aber es wird Schritt für Schritt immer klimafreundlicher.
Wärmepumpe: Ein Muss im sanierten Altbau?
Die Frage „Wie können wir unsere Energieversorgung nachhaltig, effizient und umweltfreundlich gestalten?“ ist mittlerweile in Millionen deutscher Haushalte angekommen. Das Versprechen der Bundesregierung ist klar: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Die Frage ist nur: Zu welchem Preis? Das umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) – auch bekannt als Heizungsgesetz, das im September 2023 verabschiedet wurde – soll ein erster Wegweiser in die grüne Zukunft sein, verunsichert aber noch viele Menschen. Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:
- Ab dem 1. Januar 2024 soll jede neu eingebaute Heizung möglichst zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
- Für bestehende Heizungen gibt es keine Austauschpflicht. Allerdings dürfen Heizungen ab 2045 nicht mehr mit fossilen Brennstoffen, also fossilem Erdgas oder Heizöl, betrieben werden.
Viele Menschen mit Altbau-Eigentum haben schon die ersten Diskussionen um das GEG als klammheimlichen Affront empfunden. Muss jetzt jedes Haus in Deutschland auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung umgerüstet werden? Auf eigene Kosten? Die Bundesregierung argumentierte im Sommer 2023, es gehe beim Klimaschutz auch darum, die notwendige Wärmewende schneller voranzubringen. „Wir tun das mit einem klaren und bewussten Fokus auf neu eingebaute Heizungen“, sagte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck.
Ein Energieberater hilft vor Ort bei der privaten Energiewende
Auf dem Hof der Familie Wieben ist der Winter an diesem frühherbstlichen Morgen noch in weiter Ferne. Nur ab und zu weht ein kühler Windhauch durch die Scheune, die Heizung wird erst ab Oktober wieder aufgedreht. „Seit vielen Jahren beschäftige ich mich beruflich mit den Vor- und Nachteilen verschiedener Energiesysteme. 2018 waren sich viele Experten noch unsicher: Wärmepumpe im Altbau, das wird nie was. Meine Frau und ich haben uns 2021 trotzdem dafür entschieden, weil ich überzeugt war, dass es auch bei uns im Altbau sinnvoll ist“, sagt Enno Wieben. Die Kosten lagen bei knapp 16.000 Euro, rund ein Drittel davon wurde staatlich gefördert.
Der vermeintliche Hype um die Wärmepumpe ist eigentlich ein alter Hut. Die Ölkrise in den 70er-Jahren sorgte für einen ersten Boom. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs und dem Importstopp für russisches Gas sind alternative Heizmodelle wieder gefragt. „Wärmepumpen könnten sich in Zukunft nicht nur wegen ihrer Systemeffizienz profilieren, sondern auch aufgrund ihrer prinzipiellen Fähigkeit, Räume im Sommer zu kühlen“, meint Enno Wieben. Doch die Fachleute sind sich einig: Sie sind zwar bei Weitem nicht die alleinige Lösung für die Energiewende und eine klimaneutrale Zukunft der Energieversorgung. Dort, wo sie bedarfsgerecht eingesetzt werden können, sind Wärmepumpen aber sinnvoll. Ob dies – im Alt- oder Neubau – der Fall ist, sollte immer individuell von Architekten oder Energieberatern geprüft werden. Bis der Resthof der Familie Wieben zu Prozent klimaneutral und energieautark ist, werden noch einige Jahre vergehen. Doch ein gutes Stück auf dem Weg zur vollständigen Nachhaltigkeit ist bereits geschafft.
- Wohnungsmieter: Wenn sich Eigentümer und Mieter einig sind, kann es auch in Mietshäusern grünen Strom aus der PV-Anlage geben. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel das Mieterstrom-Modell: Darunter versteht man Strom, der vor Ort mit einer Anlage erzeugt und direkt im Gebäude oder Quartier von den Bewohnern selbst verbraucht wird. Nicht benötigter Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Wird im Gebäude oder Quartier zusätzlich Strom gebraucht, wird er aus diesem Netz bezogen. Wenn der Gebäudeeigentümer oder die Mietergemeinschaft die Investition in eine Photovoltaikanlage scheut, ist das Contracting-Modell Mieterstrom eine Alternative. Dabei wird die Anlage gepachtet, bleibt aber Eigentum des Energieversorgers.
- Kommunale Wärmeplanung: Die kommunale Wärmeplanung ist ein fester Bestandteil im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) und wird zukünftig durch das Wärmeplanungsgesetz (WPG) näher definiert. Kommunen werden demnach verpflichtet, eine Wärmeplanung vorzunehmen, um Verbrauchern vor Ort verschiedene zukünftige Optionen aufzuzeigen, etwa Zugang zum Fern- oder Nahwärmenetz. Dienstleister wie EWE NETZ kommen dabei ins Spiel, indem sie die Kommunen bei der Wärmeplanung unterstützen. Sie helfen, flexible und technologieoffene Wärmepläne zu erstellen, die Klimaneutralität und Versorgungssicherheit miteinander verbinden. Davon profitieren unter anderem auch Privatpersonen, die sich zur Wärmegewinnung für Hybridanlagen entscheiden.